Finanzen in Vösendorf

Sekt, Kochbücher: Spesen von Bürgermeister fliegen auf

Im 169 Seiten langen Bericht des Landes Niederösterreich kritisieren die Prüfer die finanzielle Lage der Gemeinde scharf.

Niederösterreich Heute
Sekt, Kochbücher: Spesen von Bürgermeister fliegen auf
Straßenzug in Vösendorf
Wikipdia, CC BY-SA 3.0, Buchhändler

Der 169 Seiten lange Prüfbericht des Landes übt scharfe Kritik an den finanziellen Abläufen in der Gemeinde Vösendorf – etwa hohe Spesen vom Ortschef sowie fehlende Belege bei Wirtshausrechnungen.

Vor der vorgezogenen Gemeinderatswahl am Sonntag birgt der Prüfbericht Zündstoff. "Heute" hat die wichtigsten Punkte:

Hauptgirokonto Seit dem Jahr 2017 war das Konto zum Teil auch im Soll. Die höchsten Überziehungen ergaben sich im 1. Quartal 2024. Bei der Kassenbestandsaufnahme steht im Hauptgirokonto ein Minus von 1.410.000 €.

Auszahlungen Von 2020 bis 2023 wurden 35.599,91 € an den Bürgermeister ausbezahlt, VP-Ortschef Hannes Koza begründete dies in einer schriftlichen Stellungnahme, dass er einerseits "häufig bei Ausgaben in Vorleistung getreten ist" (...) und im Vergleich zur Vorgängerin "mehr Termine und Reisen für die Markgemeinde wahrgenommen hat".

6er-Karton Schlosssekt

Spesen Unter den Spesenabrechnungen des Bürgermeisters befinde sich "auch eine Rechnung in Höhe von 334,50 € für den Ankauf eines 6er-Kartons Schlosssekt und von 15 Stück Heurigenkochbüchern", die der Ortschef übrigens selbst schrieb. An wen die Ware übergeben wurde, gehe aus den Belegen nicht hervor.

Gutscheine Seitens der Gemeinde werde eine "beträchtliche Anzahl an Gutscheinen (...) ausgestellt, die in ortsansässigen Lokalen und Betrieben eingelöst werden können", 2022 waren es Gutscheine im Wert von 30.040 €. Im Bericht heißt es: "Der Gemeinde wird dringend empfohlen, das Volumen und die Abwicklung der Gutscheinverwaltung zu überdenken."

Restaurant-Belege Angaben zu konsumierten Speisen und Getränken seien oft nicht ersichtlich. "Bei Bewirtungskosten bzw. Repräsentationsausgaben sind künftig die eingeladenen Personen auf den Belegen auszuweisen bzw. ist bei größeren Bewirtungen zumindest der Personenkreis genauer zu beschreiben (z.B. „Teilnehmer der Feier ….. am …..“) und die Anzahl der eingeladenen Personen anzugeben", empfehlen die Prüfer.

Entwicklung der Ermessensausgaben
Entwicklung der Ermessensausgaben
Screenshot "Heute"

Ermessensausgaben Weiters kritisierten die Prüfer die gestiegenen Ermessensausgaben: "Nach einem leichten Rückgang der Ermessensausgaben in den Jahren 2020 und 2021, welcher sich vor allem auf die Corona – Maßnahmen zurückführen lässt, stiegen die Ermessensausgaben vor allem in den Bereichen der Vereinssubventionen und bei den gemeindeeigenen Kulturveranstaltungen und Festen in den Jahren 2022 und 2023."

Kinderhort Durch den Hort würden der Marktgemeinde Vösendorf trotz Kostenbeitrags der Eltern "sehr hohe Abgänge" entstehen: "Im Betrachtungszeitraum 2017 bis 2024 erfolgt zwischen 73 % bis 82 % der Kostentragung durch die Gemeinde." Die Empfehlung der Prüfer: "Es ergeht daher die Empfehlung die Horttarife regelmäßig auf ein Niveau anzupassen das die große Spanne zwischen den Beiträgen und den tatsächlichen Kosten minimiert oder Maßnahmen zu treffen um die hohen Kosten zu senken."

Falsches Bürgermeistergehalt Im April 2020 sei laut Prüfern "dem neu angelobten Bürgermeister folglich erstmals ein Bezug für den gesamten Monat ausbezahlt" worden. Doch ein Fehler schlich sich bei der Berechnung ein: "Anders als in den Monaten Jänner und Februar 2020 wurde der Bezug des Bürgermeisters jedoch nicht – wie gesetzlich vorgesehen – auf Grundlage des "niedrigen" Ausgangsbetrages von damals € 9.091,64 berechnet (...), sondern wurde der Berechnung ab diesem Monat unrichtigerweise der für die übrigen Gemeindemandatare der Marktgemeinde heranzuziehende („höhere“) Ausgangsbetrag von € 9.467,94 zugrunde gelegt. Diese Berechnungsweise wurde bis Dezember 2023 aufrechterhalten. Im Kalenderjahr 2024 wurden die Bezüge des Bürgermeisters wieder korrekt berechnet." Die Prüfer mahnen: "Bei der Berechnung der Bezüge der Bürgermeisterin bzw. des Bürgermeisters ist in Zukunft stets der "niedrige" Ausgangsbetrag heranzuziehen."

Kilometergeld Auch hier orten die Prüfer Ungereimtheiten: "In etwa die Hälfte der Reisebewegungen, für die eine Reisekostenvergütung (Kilometergeld) an den Bürgermeister ausbezahlt wurde, sind somit mangelhaft (und für Dritte nicht nachvollziehbar) dokumentiert (fehlende Fahrziel(e) bzw. Anlässe). Eine Prüfung der Richtigkeit und Plausibilität (vgl. § 126 NÖ LBG) durch die für die Anordnung der Auszahlung zuständigen Vizebürgermeister ist nicht im Detail dokumentiert."

Prüfer mahnen Sparkurs ein

Nächtigungen bei Reisen Die Prüfer sehen Einsparungspotenzial, führen als Beispiel Nächtigungskosten für drei Nächtigungen in einem Hotel in Velden am Wörthersee anlässlich des Bautages im Jahr 2022 (€ 292,50 pro Nacht) an: "Bei der Zurverfügungstellung von Unterkünften (§ 112 Abs. 1 NÖ LBG) ist in Zukunft auf die Grundsätze der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Bedacht zu nehmen."

Finanzielle Situation der Gemeinde Die Prüfer mahnen einen Sparkurs ein: "Vom neu gewählten Bürgermeister ist zeitnah ein 1. Nachtragsvoranschlag 2024 in Form eines Konsolidierungsbudgets zu erstellen. Ohne Gegensteuerung drohen erhebliche Liquiditätsengpässe."

Koza selbst sieht sich durch den Bericht dennoch entlastet, er wolle aber Einsparungen treffen - mehr dazu hier. "Der von der Opposition behauptete ,Griff in die Gemeindekassa‘ konnte jedoch ausgeschlossen werden", so der Bürgermeister.

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    Getty Images / iStock (Symbolbild)

    Auf den Punkt gebracht

    • Der 169 Seiten lange Prüfbericht des Landes kritisiert die finanziellen Abläufe in der Gemeinde Vösendorf scharf, darunter hohe Spesen des Ortschefs und fehlende Belege bei Wirtshausrechnungen
    • Vor der vorgezogenen Gemeinderatswahl am Sonntag birgt der Bericht Zündstoff
    • Der Bericht zeigt unter anderem Probleme mit dem Hauptgirokonto, Auszahlungen an den Bürgermeister, Spesenabrechnungen, Gutscheinen, Restaurant-Belegen, Ermessensausgaben, dem Kinderhort, falschen Bürgermeistergehältern, Kilometergeld und Nächtigungen bei Reisen auf
    • Die Prüfer mahnen einen Sparkurs an und warnen vor erheblichen Liquiditätsengpässen
    red
    Akt.