Zahl gestiegen

26.570 Österreichern wurde Sachwalter aufgezwungen

Die Zahl der gesetzlichen Erwachsenenvertreter ist gestiegen: Die Betroffenen müssen nicht zustimmen, oft ist die Auswahl erzwungen.

Österreich Heute
26.570 Österreichern wurde Sachwalter aufgezwungen
Wenn Betroffene etwa aufgrund einer Demenz ihre Erwachsenenvertretung nicht wählen können, wird diese oft aufgezwungen. (Symbolbild).
Getty Images

In Österreich gibt es derzeit insgesamt fast 70.000 Erwachsenenvertretungen. "Nach dem Gesetz dürfte es jedoch keine Erwachsenenvertretung geben, wenn Unterstützung ausreicht, um trotz eingeschränkter Entscheidungsfähigkeit die eigenen Angelegenheiten selbst regeln zu können. Leider bleibt das Angebot seitens der Bundesländer nach wie vor unzureichend", erklärt Martin Marlovits, stv. Fachbereichsleiter Erwachsenenvertretung beim Verein "VertretungsNetz" in einer Aussendung.

Zeitgleich ist auch die Zahl der gesetzlichen Erwachsenenvertretungen gestiegen: In den letzten fünf Jahren wurden 26.570 gesetzliche Erwachsenenvertretungen gezählt – nächste Angehörige können sich also solche registrieren lassen, wenn Betroffene eine Erwachsenenvertretung nicht wählen können, etwa aufgrund einer Demenz.

Die Anzahl an Vertretungen ohne Mitsprache der Betroffenen ist in den letzten fünf Jahren um fast 17 Prozent gestiegen
Martin Marlovits
stv. Fachbereichsleiter Erwachsenenvertretung bei "VertretungsNetz"

Die vertretene Person hat zwar ein Widerspruchsrecht, muss aber nicht ausdrücklich zustimmen – die Vertretung ist somit oft erzwungen. "Die Anzahl an Vertretungen, die ohne Mitsprache der betroffenen Person zustande gekommen sind, ist damit in Summe in den letzten fünf Jahren deutlich um fast 17 Prozent gestiegen", meint auch Marlovits.

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    Gesunken ist hingegen die Zahl der gerichtlichen Erwachsenenvertretungen – um 34 % auf knapp 35.000. Bei "VertretungsNetz" haben derzeit rund 6.000 Personen eine gerichtliche Erwachsenenvertretung. Der Verein bietet auch Beratungen und Schulungen zum Thema an und erhebt im Auftrag der Gerichte, ob Erwachsenenvertretungen wirklich notwendig sind.

    Zahl der gewählten Erwachsenenvertreter steigt

    Als dritte Möglichkeit gibt es die gewählte Erwachsenenvertretung – hier können Betroffene mit nur leicht eingeschränkter Entscheidungsfähigkeit ihren Vertreter selbst wählen. Schon 8.120 solcher Vertretungen gibt es bereits in Österreich, die Tendenz ist laut "VertretungsNetz" erfreulicherweise steigend. Zwei Drittel davon wurden bei einem der vier anerkannten Erwachsenenschutzvereine errichtet.

    Grafik: Entwicklung der Erwachsenenvertretungen
    Grafik: Entwicklung der Erwachsenenvertretungen
    VertretungsNetz

    Derzeit läuft eine Evaluierung des Erwachsenenschutzgesetzes im Justizministerium. Denn die Praxis zeigt, dass die Intention des Gesetzes – mehr Autonomie und Selbstbestimmung – sowohl bei politischen Entscheidungsträgern als auch bei Behörden, Banken und im Gesundheitssystem noch nicht ausreichend angekommen ist.

    Verein fordert unabhängige Beschwerdestelle

    So ist oft eine freie Wahl des eigenen Wohnorts nicht möglich, wenn mobile Dienste zu wenig ausgebaut oder zu teuer sind. Pflegebedürftigen Menschen mit Mindesteinkommen oder mit einer durchschnittlichen Alterspension ohne Ersparnisse bleibt dann oft keine andere Wahl, als der Umzug in ein Heim.

    Immer wieder melden sich zudem Angehörige beim "VertretungsNetz", wenn sie erleben, dass familienfremde, gerichtliche Erwachsenenvertreter nicht zum Wohl ihrer Klienten handeln. Wenn die Betroffenen selbst sich aufgrund ihrer Beeinträchtigung nicht bei Gericht äußern können, haben Angehörige keine Handhabe. Hier bräuchte es eine unabhängige Beschwerdestelle, die etwaigen Vorwürfen nachgeht und den Menschen zu ihrem Recht verhilft, so der Verein in der Aussendung.

    Auf den Punkt gebracht

    • Die Anzahl der erzwungenen Erwachsenenvertretungen in Österreich ist in den letzten fünf Jahren um fast 17 Prozent gestiegen, während die Zahl der gerichtlichen Erwachsenenvertretungen um 34 Prozent gesunken ist
    • Der Verein "VertretungsNetz" fordert eine unabhängige Beschwerdestelle, um Vorwürfen gegen gerichtliche Erwachsenenvertreter nachzugehen und den Betroffenen zu ihrem Recht zu verhelfen
    red
    Akt.